Halet Çambel (* 27. August 1916 in Berlin; † 12. Januar 2014 in Istanbul) war eine türkische Vorderasiatische Archäologin. Sie zählte zu den bedeutendsten Vertretern der Forschung auf dem Gebiet der Ur- und Frühgeschichte in der Türkei.

Leben

Halet wurde 1916 als drittes Kind des Ehepaares Hasan Cemil Çambel und Remziye Çambel in Berlin geboren. Ihre Mutter war die Tochter des türkischen Botschafters in Berlin, İbrahim Hakkı Pascha. Ihr Vater war türkischer Militärattaché in Deutschland und ein Freund Atatürks. Nach dem Ersten Weltkrieg lebte die Familie einige Jahre in der Schweiz und in Österreich. Aufgrund der Besetzung des Osmanischen Reiches nach Kriegsende und nach dem Vertrag von Sèvres kehrte die Familie erst nach der Gründung der Republik in die Türkei zurück.

Die Mittel- und Sekundarstufe absolvierte Halet Çambel auf dem Mädchengymnasium in Arnavutköy. Seit dem Wohnortwechsel in diesen Stadtteil Istanbuls 1930 begann Çambel auch auf dem nahe gelegenen englischsprachigen Robert College Fechtsport zu trainieren. An der Pariser Sorbonne studierte sie Archäologie, vorderasiatische Sprachen und Ur- und Frühgeschichte, ein Fach, das in dieser Zeit in der Türkei von deutschen Gelehrten geprägt war. Sie war weiterhin eine der ersten türkischen Frauen bei Olympischen Spielen, als sie im Jahre 1936 in Berlin als Fechterin antrat. Nach ihrer Rückkehr in die Türkei heiratete sie den Dichter und späteren Architekten Nail Çakırhan (1910–2008).

1940 begann sie an der Universität Istanbul an der Fakultät für Literatur als Assistentin zu arbeiten und erwarb dort den Doktortitel. Seit den 1940er Jahren arbeitete sie eng mit Kurt Bittel, dem Direktor des Deutschen Archäologischen Instituts in Istanbul zusammen.

Anfang der 1950er Jahre beeinflussten die neuen Funde der antiken Hethiter-Stadt Karatepe in der Nähe von Kadirli, der Heimatstadt ihrer Familie in der Provinz Osmaniye, ihre Karriere maßgebend. Anfänglich Schülerin des deutschen Professors Helmuth Theodor Bossert, wirkte sie an den Ausgrabungen in Karatepe-Arslantaş und an der Entschlüsselung der hethitischen Sprache mit, die durch die am Karatepe gefundene Bilingue möglich wurde. 1957 bis 1960 entwickelte sie das erste türkische überdachte „Vor-Ort-Schutzmodell“ der Ausgrabungen in Karatepe-Arslantaş, indem sie erfolgreich gegen den Abtransport der tonnenschweren Statuen in ein Museum argumentierte.

Halet Çambel übernahm 1960 den Lehrstuhl für Vorderasiatische Archäologie an der Universität Istanbul und war damit eine der ersten Professorinnen der Türkei überhaupt. 1962–63 war sie an der Universität Saarbrücken als Gastdozentin tätig. Sie erhielt zahlreiche Ehrungen, darunter den Ehrendoktor der Universität Tübingen und den Prinz-Claus-Preis, war ordentliches Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts, Ehrenmitglied der türkischen Akademie der Wissenschaften und gewähltes Mitglied der American Philosophical Society. Geehrt wurde sie im Rahmen der Ausstellung „Republic: New Individual, New Life“ in Istanbul.

Einen Eindruck von der Pionierleistung und von der Vorbildfunktion, die Halet Çambel für ganze Generationen von Studenten hatte, mag ein Zitat der dänisch-deutschen Ethnologin Ulla Johansen vermitteln. Çambel und Bahadır Alkım, ein weiterer ehemaliger Schüler von Bossert, hatten Johansen 1957 in unorthodoxer Weise geholfen, Kontakte mit den nomadischen Aydınlı für ihre Feldforschungen zu knüpfen:

Zur Finanzierung der Ausgrabungen Ende der 1940er Jahre druckte Çambel mit Zustimmung der Verwaltung private Lotteriescheine und spendete die Hälfte des Erlöses an bedürftige Kinder und die Bücherei des Ortes.

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • mit Güven Arsebük und Sönmez Kantman: Çok Dilli Arkeoloji Sözlüğü - Multilingual Dictionary of Archeological Terms Dictionnaire - Multilingue d'Archéologie - Mehrsprachiges Archäologisches Wörterbuch. Istanbul 1994.
  • Karatepe-Aslantaş, the Inscriptions. (= Corpus of Hieroglyphic Luwian Inscriptions. Bd. 2), de Gruyter, Berlin/New York 1999.
  • mit Aslı Özyar: Karatepe - Aslantaş. Azatiwataya. Die Bildwerke. Zabern, Mainz 2003.

Literatur

  • Güven Arsebük, Machteld J. Mellink, Wulf Schirmer (Hrsg.): Light on Top of the Black Hill. Studies presented to Halet Çambel = Karatepe’deki Isik. Halet Çambel’e sunulan yazilar. Ege Yayınları, Istanbul 1998, ISBN 975-807-020-7 (S. XI-XV Schriftenverzeichnis).

Weblinks

  • Literatur von und über Halet Çambel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Gunnar Köhne: Ein Land mit zwei Gesichtern: Die Türkei auf dem Weg nach Europa; Deutschlandfunk-Sendung Gesichter Europas vom 1. Oktober 2005, Abschnitt „Die Professorin“
  • Lebenslauf im Portal akyaka.org
  • Halet Çambel'in ardından: Arkeoloji öksüz kaldı; SOL-Portal, 14. Januar 2014 (türkisch)
  • Halet Çambel : une pionnière de l’archéologie turque, Dipnot
  • Halet Çambel in der Datenbank von Olympedia.org (englisch)

Einzelnachweise


Türkiye'den Bir Yıldız Geldi Geçti İlklerin Öncüsü Prof. Dr. Halet Çambel

Halet Çambel doğumunun 100. yılında anılıyor Edebiyat Haber

İstanbul Kadın Müzesi Halet Çambel

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Über Halet Cambel, die herausragende Archäologin der Türkei